Stromanbietermarkt
Kartellamt warnt vor Machtballung bei den Stromriesen
Der Wettbewerb auf dem Stromanbietermarkt schien gerade erst genesen, doch Vertreter des Bundeskartellamtes setzen der Euphorie einen jähen Riegel vor.
Sie befürchten, dass die von allen herbeigesehnte Energiewende langfristige Schäden am Energiemarkt anrichten könnte. Demnach würde der Atomausstieg den großen Versorgern direkt in die Karten spielen und die kleinen Anbieter nach und nach vom Markt verdrängen.
Überstürzung ist selten gut
Bonn – Trotz der regionalen und bundesweiten Angebotsvielfalt, die jeden Tag von tausenden Verbrauchern über die Stromtarifrechner im Internet angesteuert wird, können die Energieriesen ihre dominante Marktstellung auch weiterhin ausbauen. Den Behördenchef des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, stimmt diese Entwicklung äußerst nachdenklich. Zwar sei es löblich, dass ein rascher Atomausstieg von allen Parteien angestrebt war und ist, doch die Geschwindigkeit, mit der die Atomkraftwerke vom Netz genommen wurden, wird wohl negative Auswirkungen auf den Wettbewerb des Strommarktes haben. Durch die Wegnahme erheblicher Kapazitäten werde den kleinen Anbietern zusätzlich das Leben schwer gemacht und bis sich diese Lücke wieder geschlossen hat, kann es noch einige Zeit dauern. Viele Anbieter wird es dann wahrscheinlich nicht mehr geben.
Auch wenn es ab Herbst darum geht, Kraftwerke als Kaltreserve in Betrieb zu halten, werden wohl die Anlagen der vier Stromriesen (E.on, RWE, EnBW und Vattenfall) dafür benötigt. Auch für die Endverbraucher wird diese Entwicklung langfristig negative Folgen haben. Fällt ein großer Teil der Wettbewerber einfach weg, schlägt sich das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch auf die Strompreise nieder.
Wettbewerb und Partnerschaften
RWE-Chef Jürgen Großmann hatte überdies angekündigt, dass man sich derzeit überlege, eine Partnerschaft mit dem russischen Energieriesen Gazprom einzugehen. Es ginge dabei um die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, das sich im Kraftwerkbereich in Deutschland, Großbritannien und den Benelux-Staaten ausbreiten möchte. Für die Prüfung dieser möglichen Partnerschaft haben sich die beiden Großkonzerne zunächst drei Monate Zeit gegeben.
Das Bundeskartellamt will ihnen dabei ganz genau auf die Finger schauen, weil bisher noch unklar ist, wie die Zusammenarbeit der Konzerne im Einzelnen aussehen könnte und ob nun die EU-Kommission oder das deutsche Kartellamt für diesen Fall zuständig sein wird. Gerade die Bundesregierung hat, auch hinsichtlich der Atomausstiegspläne, ein reges Interesse an der Energiegewinnung aus Gas. Und davon weiß RWE natürlich.
Der Silberstreif am Horizont
Eine Chance sieht das Bundeskartellamt allerdings in der Entstehung neuer Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien und der mit ihr verbundenen dezentralen, also verbrauchernah angelegten, Stromerzeugung. So könnte es auch weiterhin eine große Anzahl an kleineren, regionalen Anbietern geben, die durch ihr spezifisches Angebot überleben könnten. Die meisten Stromtarifrechner bieten ja mittlerweile sogar ein Auswahlsystem, das allein die Stromlieferanten berücksichtigt, die grünen Strom im Angebot haben.